Zur Navigation | Zum Inhalt


Kreuzzuege und Jerusalem - Jerusalem im Mittelalter PDF Drucken
Geschrieben von Administrator   
Sonntag, 21. August 2011

Weiterführende Kommentare sind als Links zur deutschen Wikipedia ausgeführt.

Jerusalem vor den Kreuzzügen im Mittelalter

Setzt man als Beginn des Mittelalters ungefähr das Jahr 500 n. Chr. An, so stand das fast ausschließlich durch Christen und Juden bewohnte Jerusalem zunächst unter der Herrschaft des christlichen Byzanz – seit dem jüdischen Aufstand 66 n. Chr. bis 74 n. Chr. in friedlicher Verwaltung. Doch im Jahre 614 begann die blutige Auseinandersetzung durch die Eroberungszüge der arabischen Moslems, die Sassaniden stürmten Jerusalem, konnten es trotz blutiger Massaker an den Ureinwohnern und Byzantinern jedoch nicht halten. Erst mit der Umayyadischen Eroberung im Jahre 638 n. Chr. beginnt der Leidensweg der Ureinwohner unter den moslemischen Unterdrückern. Jedoch: die auf die Eroberung Jerusalems folgende Besatzung durch moslemische Herrscher ist keine durchgängige Herrschaft, sondern in verschiedene Phasen unter der Herrschaft verschiedener verfeindeter moslemischer Stämme zu unterteilen.

Umayyadische Herrschaft

Erst im Jahre 638 belagerte Kalif Umar (auch Omar) I. im Zuge der islamischen Expansion die Stadt; nach einer zwei Jahre dauernden Belagerung, die für die Bevölkerung mit großen Opfern verbunden war, wurde Jerusalem vom Patriarchen Sophronius (560–638) übergeben, nachdem keine Hoffnung mehr auf Entsatz aus dem christlichen Byzanz bestand und die Belagerer dem Abzug der Christen, die die Stadt verlassen wollten, zugestimmt hatten (auch wenn nur wenige der angestammten christlichen Bevölkerung tatsächlich die Stadt verließen). Die Umayyaden gelten gemeinhin als Gewaltherrscher.

Abassidische Herrschaft

Zunächst stand Jerusalem unter der Herrschaft der Umayyaden, die in schweren inneren Kämpfen um 750 n. Chr. von den Abbasiden verdrängt wurden. Unter den blutigen Kämpfen zwischen den verfeindeten islamischen Stämmen mussten auch und besonders die jüdischen und christlichen Ureinwohner leiden. Umstritten ist, ob für etwa hundert Jahre Jerusalem der Sitz eines Kalifen wurde, fest steht jedoch: als die Abassiden jedoch ihre Herrschaft ausgedehnt hatten, wurde der (einzige) Kalifensitz Bagdad. Unter der muslimischen Herrschaft der Abassiden gab es sowohl Phasen einer explizit christenfeindlichen Haltung als auch Phasen von Toleranz gegenüber christlichen Pilgern und Bewohnern. So wurde symbolisch Kaiser Karl der Große (9. Jahrhundert) vom muslimischen Herrscher als Schirmherr der heiligen Stätten eingesetzt. Dies geschah auch angesichts der massiven Überfälle von moslemischen Sarazenen in Norditalien und Südfrankreich, die Tod und Verderben bis nach Sankt Gallen in der Schweiz trugen und im Reiche Karls des Großen ganze Landstriche entvölkerten.

Fatimidische Herrschaft

Im Jahre 979 eroberten die schiitischen Fatimiden Jerusalem erneut in einem blutigen Feldzug von den Abassiden. Schon bei diesem Blutbad, das nicht nur unter den verfeindeten Moslems stattfand, sondern auch die christlich-jüdische Zivilbevölkerung einschloss, wurde die Grabeskirche in Brand gesteckt und beschädigt. Die einstürzende Kuppel der durch die Moslems in Brand gesteckten Grabeskirche erschlug zahlreiche dort zum Gebet versammelte Christen und tötete auch den orthodoxen Patriarchen Thomas II.. Weitere Synagogen und Kirchen wurden ebenfalls Opfer der Auseinandersetzung. Die Heiligtümer der Christen waren unter Patriarch Thomas II. gerade erst mit Spenden der christlichen Ureinwohner Ägyptens, Israels und Syriens restauriert worden. Nach der Eroberung setzte der orthodoxe Patriarch Johannes IV. den Wiederaufbau durch und erweiterte die Restauration der Kirche. Nachdem die christlichen Ureinwohner in der Folge weite Teile Israels für Byzanz zurückgewinnen konnten, schändeten die Moslems die Auferstehungskirche und verbrannten Johannes IV. auf dem Scheiterhaufen.

Im Jahr 1009/1010 wurde die Grabeskirche auf Befehl des Fatimiden-Kalifen al-Hakim weitgehend zerstört. Die heiligen Stätten (mit Ausnahme der Schädelhöhe Golgota), die weitgehend aus nicht brennbarem Material bestanden, wurden mit herbeigeschafftem Holz niedergebrannt. Der greise orthodoxe Patriarch wurde nackt durch die Straßen getrieben. Am Ende des Märtyriums wurden ihm die Augen ausgerissen. Mit dem darauf folgenden Pogrom gegen Juden und Christen begann eine fünf Jahre andauernde Verfolgung der "Ungläubigen". “Er verbot ihnen Wein und Schweinefleisch, führte die diskriminierenden Kleidervorschriften wieder ein, nach denen die Juden z.B. eine Glocke um den Hals tragen mußten, ja er verbot den Muslimen jeden geschäftlichen Verkehr mit ihnen, zog die Besitzungen aller Kirchen und Synagogen ein und ließ mehrere von ihnen zerstören, ja sogar Hand an die Kirche des Heiligen Grabes legen” (Claude Cahen, Der Islam. Vom Ursprung bis zu den Anfängen des Osmanenreiches, Bd. 14, Fischer Weltgeschichte, Frankfurt a. M. 1987, S. 265)

Insbesondere diese Pogrome als auch die Schändung des greisen Patriarchen rief in der christlichen Welt eine besondere Empörung hervor.

Christen und Juden waren auch nach dem Ende der schärfsten Zeit der Verfolgung noch geächtet. Christen durften weiter kein Pferd besteigen, kein Schwert oder eine sonstige Waffe führen, keinen Turban und keine landesüblichen Schuhe tragen. Sie mussten sich an der Stirne scheren und an einem Gürtel und zwei gelben Stoffbändern an der Schulter erkennbar sein. An der Haustür mussten sie die hölzerne Darstellung eines Dämons anbringen.

Erst 19 Jahre nach der Zerstörung der Felsenkirche erlaubte der Nachfolger von Al-Hakim Kalif Al-Zahir (1021 – 1036) den Wiederaufbau der Grabeskirche und lockerte die Auflagen für die Ungläubigen, nachdem der byzantinische Kaiser Romanos III. dem Bau einer Moschee in Konstantinopel zugestimmt hatte, 5000 moslemische Kriegsgefangene freigegeben hatte und sowohl für den Bau der Moschee, als auch für den Wiederaufbau der Grabeskirche in Gold (von dem einiges in die Taschen des Kalifen abgezweigt wurde) aufkam.

Herrschaft der Seldschuken

1078 wurde Jerusalem erneut blutig erobert. Die sunnitischen Seldschuken geführt von Emir Atsiz bin Uwaq nahmen Jerusalem von den Fatimiden ein und richteten erneut ein entsetzliches Blutbad nicht nur unter den verfeindeten schiitischen Fatimiden (3000 moslemische Zivilisten wurden ermordet), sondern auch unter den christlichen und jüdischen Bewohnern an. Die Seldschuken verboten danach jede Reperatur an Synagogen und Kirchen und erschwerten den Zugang zu den heiligen Stätten erheblich. Pilgerfahrten ins heilige Land wurde wegen der andauernden Kriege zwischen Seldschuken und Byzanz fast unmöglich.

Im August 1098 stießen die Fatimiden erneut gegen Jerusalem vor und warfen die verfeindeten Seldschuken bis nach Syrien zurück. In extrem blutigen Kämpfen eroberten sie auch Jerusalem von den sunnitischen Seldschuken. Die Berichte über die fortdauernden Gemetzel in Jerusalem sowie die Hilferufe des Byzantischen Kaisers, der sich als Schutzpatron des christlichen Patriarchen verstand, erreichten auch Europa was den Anstoß zum ersten Kreuzzug gab. Nur wenige Monate, nachdem die moslemischen Fatimiden Jerusalem erobert hatten, konnte Jerusalem durch das christliche Kreuzfahrerheer zurückgenommen werden.

Jerusalem während der Kreuzzüge und danach

Im Verlauf des 1. Kreuzzug eroberten die Kreuzritter unter Gottfried von Bouillon 1099 Jerusalem und töteten in drei Tagen bis zu 20.000 Bewohner (seit der Antike war eine Stadt, die sich weder einer Feldschlacht gestellt, noch die Stadt bei Beginn der Belagerung übergeben hatte, der Plünderung anheim gestellt - eine Praxis, die z. B. für Cäsars Belagerung von Alseia (Gallien) ebenso dokumentiert ist wie für die Belagerung und Plünderung mit hundertausenden von zivieln Opfern der Stadt Konstantinopel durch die Moslems 1453). Nach der christlichen Eroberung von Jerusalem gründeten die Kreuzritter das Königreich Jerusalem. Das Königreich Jerusalem war ein funktionierender Staat mit einer Herrschaft nach der im damaligen Europa üblichen ständischen Ordnung.

Als im Königreich die ersten lateinischen Generationen aufwuchsen, begannen diese, sich selbst eher als Orientalen denn als Europäer zu begreifen. Sie lernten Griechisch, Arabisch und andere nahöstliche Sprachen, heirateten Frauen der christlichen Ureinwohner, Griechinnen oder Armenierinnen, selten auch getaufte Muslimas. Die Bevölkerung, die aus diesen Beziehungen hervorging, waren zum einen die Poulains und die Turkopolen. Sie stellten im wesentlichen die Streitkräfte des Königreiches, da die muslimische Bevölkerung nicht zum Militärdienst herangezogen wurde. Um Konflikte wegen der Religionszugehörigkeit zu vermeiden, lebte man auch oft im Konkubinat zusammen, was auch von den Adligen, die meist unfreiwillig zu katholischen Klerikern gemacht worden waren, beliebt war. (Merke: zu dieser Zeit war in der katholischen Kirche das Zölibat noch nicht lange verbindlich eingeführt, die verbindliche Einführung des Zölibats ist nach 1138 – Laterankonzil – zu datieren) Prominentestes Beispiel hierfür war Heraclius von Caesarea († 1191), der Lateinische Patriarch von Jerusalem, dessen stadtbekannte Mätresse mit „Frau Patriarch“ angeredet wurde.

Das Königreich hatte im Wesentlichen die feudalen Strukturen des zeitgenössischen Westeuropa übernommen, allerdings mit einigen wichtigen Unterschieden. Der wichtigste war, dass das Staatsgebiet nur wenig landwirtschaftlich nutzbares Land aufwies; seit Alters her hatte die Levante eine urbane Wirtschaftsstruktur, was den Adel dazu veranlasste, in Jerusalem und anderen großen Städten zu wohnen, obwohl man wie gewohnt Großgrundbesitzer war.

Wie in Europa auch waren die Adligen Vasallen des Königs und hatten selbst Vasallen. Die ältere Forschungsmeinung, dass das Königtum an sich schwach war, wird in der neueren Forschung – wenigstens für die ersten Jahrzehnte des Bestehens – in Frage gestellt. Tatsächlich war die Krondomäne recht umfangreich und der König verfügte durchaus über einige bedeutende Rechtsmittel. Allerdings ist die Quellenlage bezüglich einer Bewertung der Stellung des Königs problematisch, da uns nur Quellen aus späterer Zeit überliefert sind, als die Macht des Königtums bereits bedeutend abgenommen hatte.

Die landwirtschaftliche Produktion wurde durch das dem feudalen System äquivalente muslimische System (die iqta) gesteuert, das von den Kreuzrittern nicht angetastet wurde. Während die Muslime in den Städten nur selten verfolgt wurden (nur in Jerusalem war ihnen der Aufenthalt sogar verboten), lebten sie auf dem Land sogar nicht anders als zuvor auch. Da die Mehrheit des einfachen Landvolkes den christlichen oder jüdischen Ureinwohnern zuzurechnen war, gab es hier sehr selten Probleme. Der rais, das Oberhaupt ihrer Gemeinschaft, war eine Art Vasall des lokalen (christlichen) Grundherrn, deren fast ständige Abwesenheit ihnen jedoch einen hohen Grad an Autonomie verschaffte. Er produzierte die Nahrungsmittel für die Kreuzritter, war aber, anders als in Europa, nicht verpflichtet, zum Militärdienst beizutragen. Im Ergebnis war die Armee des Landes eher klein und rekrutierte sich aus den europäischen Familien der Städte.

Die urbane Zusammensetzung des Landes, vereint mit der Anwesenheit der italienischen Händler, führte dazu, dass die Wirtschaft des Landes wesentlich stärker vom Handel als von der Landwirtschaft lebte. Palästina, ein Landstrich, in dem sich schon immer die Handelsrouten gekreuzt hatten, begann nun, die Routen nach Europa für sich zu entdecken. Europäische Waren, zum Beispiel Textilien aus Nordeuropa, fanden ihren Weg nach Asien, während asiatische Güter nach Europa transportiert wurden. Die italienischen Seerepubliken machten nicht nur enorme Gewinne bei diesem Handel, sondern wurden bis in die Renaissance der späteren Jahrhunderte hinein von dem Kontakt beeinflusst.

Da die Adligen vorwiegend in Jerusalem wohnten, hatten sie einen wesentlich größeren Einfluss auf den König als in Europa. Die Bischöfe und der Hochadel bildeten die Haute Cour, eines der ersten Parlamente, dem die Wahl des neuen Königs oblag, die Finanzausstattung des Herrschers und das Ausheben der Armee.

Die Lebensweise der europäisch-stämmigen Bewohner von Outremer unterschied sich stark vom Leben in Europa. Sie war eher orientalisch geprägt. Europäer, die lange in der Levante gelebt hatten oder dort geboren waren, nahmen Bräuche und Lebensweise der Einheimischen an, was bei den kirchlichen Autoritäten und bei Neuankömmlingen aus Europa oft Unverständnis und Unmut erregte.


Letzte Aktualisierung ( Freitag, 2. Mai 2014 )
 
< zurück   weiter >

Unsere Empfehlung

gpaketbutton.gif

Online Hilfe