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Die Fakten im New York Times Angriff gegen die katholische Kirche PDF Drucken
Geschrieben von KNKP   
Mittwoch, 31. März 2010

Ich weiß nicht, was die Kirche noch mehr tun könnte

Der ehemalige Offizial der Erzdiözese Milwaukee hat die jüngste Kampagne der ‘New York Times’ gegen Papst Benedikt XVI. auffliegen lassen. Von Hw. Thomas Brundage.

(kreuz.net) Ich war von 1995 bis 2003 Offizial der Erzdiözese Milwaukee. Während dieser Jahre leitete ich vier kanonische Strafsachen – eine von ihnen betraf Hw. Lawrence Murphy.
Zwei der vier angeklagten Personen starben während der Prozesse. Gott alleine wird sie richten.

Ich schreibe diesen Artikel mit der ausdrücklichen Kenntnis und Zustimmung von Erzbischof Roger Schwietz (OMI) von Anchorage, wo ich gegenwärtig arbeite.

Erzbischof Schwietz ist auch der Herausgeber der Zeitung ‘Catholic Anchor’.

Mangelhafte Berichterstattung
Wegen des Eides, den ich als Kirchenrechtler und kirchlicher Richter abgelegt habe, werde ich die vorliegenden Sachverhalte nur eingeschränkt kommentieren können.

Weil aber mein Name und meine Stellungnahmen im Fall Murphy in der ‘New York Times’ und in mehr als hundert anderen Zeitungen und Online-Magazinen weit und häufig ungenau zitiert wurden, fühle ich mich frei, über Teile des Gerichtsverfahrens gegen Hw. Murphy von Anfang an zu berichten.

Ich habe festgestellt, daß die Berichterstattung darüber hinsichtlich der Fakten unrichtig und mangelhaft war. Darum schreibe ich auch aus Verpflichtung der Wahrheit gegenüber.

Die Medien haben sich nie um eine Kontaktnahme gekümmert
Die Tatsache spricht für sich selber, daß ich das Gerichtsverfahren gegen Hw. Murphy geleitet habe und dennoch kein einziges Mal von irgend einer Nachrichten-Organisation um eine Stellungnahme gebeten wurde.

Ich habe im Folgenden die Absicht:

• über die Hintergründe dessen zu berichten, was im Fall Murphy vor Ort geschah.
• die schlampige und ungenaue Berichterstattung über den Fall Murphy in der ‘New York Times’ und anderen Medien aufzuzeigen.
• festzustellen, daß Papst Benedikt XVI. mehr als irgendein anderer Papst oder Bischof in der Geschichte getan hat, um die Katholische Kirche von der Geißel des Kindesmißbrauches zu befreien und für die zu sorgen, die betroffen sind.
• die Wahrheit über die kirchlichen Anstrengungen darzulegen, die durch klerikalen Mißbrauch geschlagen Wunden zu heilen.

In diesem geschichtlichen Augenblick ist die Katholische Kirche für Kinder vermutlich der sicherste Ort.

Großer Schaden
Es ist wichtig herauszustellen, was für eine Plage die Kindermißbräuche gewesen sind – nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft.

Wenige Geschehnisse können das Leben eines Kindes mehr durcheinanderbringen als der sexuelle Mißbrauch. Das ist eine Form des emotionalen und geistlichen Mordes. Der Mißbrauch führt oft zu einer Zerrüttung der Sexualität des Betroffenen. Wenn der Mißbrauch von einer Autoritätsperson begangen wird, erzeugt er ein praktisch universales Mißtrauen gegenüber jedermann.

Mißbrauchern kann man nicht trauen
Als freiwilliger Gefängnisseelsorger in Alaska habe ich Parallelen zwischen wegen Kindsmißbrauchs verurteilten Häftlingen und jenen Priestern festgestellt, die solche schwerwiegende Handlungen begangen haben. Mißbraucher haben eine Tendenz sehr gerissen und manipulativ zu sein. Sie sind gewöhnlich sehr geliebt und charmant. Sie haben häufig ein einziges Ziel im Leben – ihren Hunger zu befriedigen.

Die meisten Mißbraucher sind sehr narzisstisch und sehen den Schaden, den sie verursacht haben, nicht. Sie sehen die Kinder, die sie mißbraucht haben, nicht als Personen, sondern als Objekte. Sie zeigen selten Reue und stellen sich sogar manchmal als Opfer hin. Mißbraucher sind, kurz gesagt, gefährliche Menschen, denen man nie wieder trauen sollte. Die meisten werden ihre Verbrechen wieder begehen, wenn sie dazu eine Chance bekommen.

Der Fall wird neu aufgerollt
Trotz der zahlreichen Berichte über den Fall Murphy ist dessen Hintergrund bisher nie zur Sprache bekommen. Ich wurde im Jahr 1996 mit der Geschichte von Hw. Murphy konfrontiert, der früher Leiter der St. John’s Schule für Gehörlose in Milwaukee war. Es war jahrzehntelang bekannt, daß sich während Hw. Murphys Amtszeit an der Schule (1950-1974) ein Skandal ereignet hatte, der ihn und einige gehörlose Kinder betraf. Die Einzelheiten waren aber nur lückenhaft bekannt.

Mutige Stellungnahmen zugunsten der Betroffenen (die oft von ihrer Ehefrauen angeregt wurden), führten die Erzdiözese von Milwaukee dazu, den Fall im Jahr 1996 neu aufzurollen.

Der Prozeß wird neu aufgerollt
Bei internen Besprechungen in der Kurie der Erzdiözese von Milwaukee wurde klar, daß wir bezüglich des einige Jahrzehnte alten Unrechtes schnell und energisch eingreifen mußten. Mit der Zustimmung des damaligen Erzbischofs Rembert Weakland begannen wir eine Untersuchung der mutmaßlichen Kindermißbräuche und Verführungen im Beichtstuhl durch Hw. Murphy.

Wir leiteten ein Gerichtsverfahren gegen den Priester ein. Ich war der leitende Richter in dieser Sache und informierte Hw. Murphy, daß gegen ihn strafrechtliche Anschuldigungen bezüglich Kindesmißbräuchen und Verführung im Beichtstuhl erhoben wurden. In meinen Unterredungen mit Hw. Murphy bekam ich den Eindruck, daß ich es mit einem Mann zu tun hatte, der einfach nicht verstand. Er wehrte sich und drohte.

Ansteckende Seuche
Zwischen 1996 und August 1998 interviewte ich mit der Hilfe qualifizierter Dolmetscher etwa ein Dutzend Opfer von Hw. Murphy. Das waren herzzerreißende Gespräche. In einem Fall war das Opfer selber zum Täter geworden und hatte für seine Verbrechen eine Gefängnisstrafe abgesessen.

Es wurde mir klar, daß diese Seuche ansteckend war und leicht auf anderen übertragen werden konnte. Ich hörte Erzählungen von durcheinandergebrachten Lebenswegen, von reduzierter oder ausgelöschter Sexualität. Das waren die dunkelsten Tage meines Priesterlebens. Ich war damals erst zehn Jahre geweiht. Ein gnadenerfüllter geistlicher Begleiter kam damals für mich wie von Gott gesandt.

Ich traf mich auch mit einem Ausschuß katholischer Gehörloser. Sie bestanden darauf, daß Hw. Murphy laisiert werden sollte. Sehr wichtig für sie war auch die Forderung, daß er nicht als Priester, sondern als Laie beerdigt würde. Ich erklärte, daß ich als Richter, die erste Bitte nicht erfüllen und bezüglich der Zeiten nur eine Empfehlung abgeben konnte.

Der Angeklagte stirbt
Im Sommer 1998 forderte ich Hw. Murphy auf, bei einer eidesstattlichen Aussage in der erzbischöflichen Kanzlei in Milwaukee anwesend zu sein.

Kurze Zeit später erhielt ich einen Brief von seinem Arzt, daß er bei schlechter Gesundheit sei und nicht mehr als zwanzig Meilen reisen könne – von Boulder Junction nach Milwaukee waren es etwa 276 Meilen. Eine Woche später starb Hw. Murphy eines natürlichen Todes in einem Ort etwa hundert Meilen von seinem Zuhause entfernt.

Ungeprüfte Zitate

Über die ungenauen Berichte durch die ‘New York Times’, die ‘Associated Press’ und jene, welche diese Quellen übernahmen, muß ich zuerst sagen, daß ich von keiner dieser Nachrichten-Agenturen je kontaktiert wurde. Dennoch fühlten sie sich frei, mich zu zitieren.

Praktisch alle Zitate stammen aus einem Dokument, das Online einsehbar ist und einen Briefwechsel zwischen dem Heiligen Stuhl und der Erzdiözese von Milwaukee enthält. In einem von Hand geschriebenen Dokument vom 31. Oktober 1997 werde ich mit den Worten zitiert „es sieht so aus, daß dieser Fall angesichts der Zahlen sehr wohl der schlimmste sein könnte, besonders weil er körperlich beeinträchtigte, verletzliche Menschen betrifft.“

Ebenfalls zitiert wird die folgende Aussage: „Kinder wurden auch im Beichtstuhl verführt, wobei die Frage nach der Beschneidung die Verführung begann.“

Keine Zeit für die Wahrheit
Das Problem der mir zugeschriebenen Aussagen besteht darin, daß sie handgeschrieben waren.

Die Dokumente wurden aber nicht von mir geschrieben und entsprechen nicht meiner Handschrift. Die Satzstellung ist dem ähnlich, was ich hätte sagen können. Aber ich habe keine Ahnung, wer diese Aussagen geschrieben hat.

Dennoch wird in den Medien gesagt, daß ich diese Aussagen gemacht hätte. Als ich Student an der Marquette University School of Journalism war, wurde uns gesagt, daß wir unsere Zitate wenn nötig, kontrollieren, noch einmal kontrollieren und ein drittes Mal kontrollieren sollten.

Aber ich wurde auch wegen dieses Dokumentes, das aus einer Quelle stammt, die mir nicht bekannt ist, nie von jemandem kontaktiert. Die Wahrheit in Erfahrung zu bringen, braucht Zeit. Es ist offensichtlich, daß die ‘New York Times’, die ‘Associated Press’ und anderen sich nicht die Zeit nahmen, die Fakten korrekt in Erfahrung zu bringen.

Er starb als Angeklagter in einem kirchlichen Strafprozeß
Erzbischof Weakland erklärt in einem in der Dokumentation veröffentlichten Brief, der am 19. August 1998 an den damaligen Sekretär der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Tarcisio Bertone, gerichtet wurde, daß er mich beauftragt hatte, das Verfahren gegen Hw. Murphy einzustellen. Doch Hw. Murphy starb zwei Tage später. Es ist eine Tatsache, daß Hw. Murphy an dem Tag, als er starb, immer noch ein Angeklagter in einem kirchlichen Strafprozeß war. Niemand scheint sich dessen bewußt zu sein.

Wäre ich aufgefordert worden, das Verfahren einzustellen, hätte ich mit größter Sicherheit darauf bestanden, daß eine Berufung an den Obersten Gerichtshof der Kirche oder wenn nötig an Papst Johannes Paul II. gerichtet worden wären. Dieser Prozeß hätte Monate oder sogar länger gedauert.

Kardinal Ratzinger hat größte Verdienste
Zweitens. Ich habe keinen Anlaß, zu glauben, daß der damalige Kardinal Joseph Ratzinger (jetzt Papst Benedikt XVI) überhaupt in diesen Fall involviert war. Ihm diese Sache in die Schuhe zu schieben, beruht auf einem gewaltigen Mangel an Logik und Information.

Drittens. Die Zuständigkeit für den sexuellen Mißbrauch an Minderjährigen ging im Jahr 2001 von der Römischen Rota an die Glaubenskongregation unter Kardinal Ratzinger über. Bis zu diesem Zeitpunkt gingen die meisten Appellationsfälle an die Rota und es war unsere Erfahrung, daß sie jahrelang dort verbleiben konnten.

Als die Zuständigkeit auf die Glaubenskongregation überging, wurden Fälle des sexuellen Mißbrauchs – in meiner Sicht und der Sicht vieler anderen Kirchenrechtler – schnell, gerecht und mit der notwendigen Beachtung der Rechte aller involvierten Parteien behandelt. Ich habe keinen Zweifel, daß das damals das Werk des damaligen Kardinals Ratzinger war.

Papst Benedikt XVI. hat entschieden aufgeräumt
Viertens. Papst Benedikt hat sich wiederholt für die Schande sexueller Mißbräuche von Kindern in verschiedenen Umständen und zu einer weltweiten Audienz entschuldigt. Das ist nie vorher geschehen.

Er hat sich mit Opfern getroffen. Er hat in dieser Sache in ganze Bischofskonferenzen hineinregiert. Die katholischen Bischöfe Irlands sind diesbezüglich der jüngste Fall. Er hat von allen kirchlichen Amtsträgern am aktivsten auf dieses Problem reagiert und bezüglich der Geißel klerikaler Mißbräuche an Minderjährigen entschieden gehandelt.

Statt ihn der Untätigkeit in dieser Sache zu bezichtigen, ist einzugestehen, daß er in dieser Angelegenheit wahrhaft energisch und wirksam gearbeitet hat.

Größte kirchliche Anstrengungen
Schließlich wurden in den letzten 25 Jahren in der Kirche große Anstrengungen unternommen, um Schaden für Kinder zu vermeiden. Zukünftige Seminaristen untergehen ausgedehnte sexuelle und psychologische Auswertungen, bevor sie aufgenommen werden.

Praktische alle Priesterseminarien sind bestrebt, ein sicheres Umfeld für Kinder zu schaffen. Es hat in den letzten zehn Jahren und darüber hinaus sehr wenige Fälle des Kindermißbrauchs gegeben. Katholische Diözesen im ganzen Land haben außerordentliche Maßnahmen ergriffen, um die Sicherheit von Kindern und verletzlicher Erwachsener zu gewährleisten.

Ein Beispiel von vielen
Ein Beispiel, das in keiner Weise ein Einzelfall ist, ist die Erzdiözese Anchorage, wo ich gegenwärtig arbeite.

Hier gibt es praktisch in jeder öffentlichen Toilette in den Pfarreien eine Aufschrift, die fragt, ob eine Person von jemandem in der Kirche mißbraucht wurde. Es gibt eine Telephonnummer, um Mißbräuche zu melden. Praktisch alle Mitarbeiter der Kirche in der Erzdiözese müssen jährlich Weiterbildungskurse zum Thema eines sicheren Umfeldes absolvieren.

Ich weiß nicht, was die Kirche mehr tun könnte.

Abschließend möchte ich sagen, daß Hw. Lawrence Murphys sexuelle Mißbräuche und Verführungen Minderjähriger im Beichtstuhl in den 1960er und 1970er Jahren unentschuldbare und grausame Verbrechen sind.

Im Namen der Kirche bedaure ich die Fehler, die von meinem Mitbruder begangen wurden, und bin darüber beschämt. Ich gestehe auch ein, daß mein Bedauern nach dem Geschehen vierzig Jahre später von geringer Bedeutung ist.

Die einzige Sache, die wir jetzt tun können, ist, die Wahrheit in Erfahrung zu bringen, um Verzeihung zu bitten und alles Menschenmögliche zu tun, um die Wunden zu heilen.

Der Rest ist – und ich bin dafür dankbar – in Gottes Händen.

 
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